Worauf kommt es bei der Liposuktion eines Lipödems an?
Die radikale Fettabsaugung erfordert besondere Methoden
Bei der Absaugung des Lipödems darf nicht zu viel Fett zurückbleiben, sonst wird die Wiederkehr der Beschwerden wahrscheinlicher.
Interview mit Fachärztin Greysy Carola Orellana Oropin über die Liposuktion eines Lipödems
Die genetisch bedingte Erkrankung des Fettgewebes (Lipödem) lässt Beine, Hüften und oft auch die Arme stark an Umfang zunehmen. Schwere Gliedmaßen, ständige Schmerzen und Druckempfindlichkeit machen den Alltag für die Leidenden schwierig. Eine radikale Liposuktion (Fettabsaugung) in den betroffenen Zonen ist ein weithin anerkanntes Mittel, die Beschwerden zu lindern oder ganz zu beseitigen. Doch für den Eingriff braucht es besondere Expertise, wie die Chirurgin und Fachärztin Greysy Carola Orellana Oropin im Interview erläutert.
myBody: Frau Orellana, was macht die Liposuktion zu einem guten Mittel gegen Lipödeme?
Orellana: Bei diesem unangenehmen chronischen Leiden sind krankhaft veränderte Adipozyten, also Fettzellen, die Ursache für ständige Beschwerden. Räumt man das Fett in den betroffenen Bereichen ab, gehen erfahrungsgemäß auch die Beschwerden zurück oder verschwinden ganz. Die Veranlagung zum Lipödem ist dann zwar immer noch da. Ohne das Fettgewebe, das die Probleme macht, merken die meisten Frauen aber nicht mehr so viel davon. Die gesundheitlichen Einschränkungen sind nach dem Eingriff meistens viel geringer und die Operierten gewinnen ein ganz neues Körpergefühl. Immer wiederkehrende Behandlungsmaßnahmen wie Kompressionskleidung oder Lymphdrainage sind nicht mehr so häufig erforderlich oder können ganz entfallen.
myBody: Wie unterscheidet sich die Liposuktion eines Lipödems von einer „normalen“ Fettabsaugung?
Orellana: Anders als bei ästhetisch motivierten Liposuktionen nehmen wir bei Lipödemen eine sogenannte radikale Absaugung vor. Das heißt, fast die ganzen Fettzellen in den betroffenen Regionen müssen weg. Bis zu 4 Liter reines Fett können wir in einer Sitzung entfernen. Es verbleibt nur eine dünne Fettschicht als „Puffer“ zwischen Hautgewebe, Muskeln und Knochenhaut, um den Bewegungsapparat zu schützen. Bei Fettabsaugungen zur ästhetischen Figurformung ist die Zielsetzung eine andere. Hier lassen wir einiges an Fett stehen, und zwar genau so viel, dass sich optisch eine optimale Kontur ergibt. Lipödem-Patientinnen freuen sich nach erfolgreicher Liposuktion natürlich auch über die Verschlankung ihrer Gliedmaßen. Doch das ist mehr ein angenehmer Nebeneffekt. Bei der Absaugung des Lipödems darf nicht zu viel Fett zurückbleiben, sonst wird die Wiederkehr der Beschwerden wahrscheinlicher. Deshalb gehen wir bei einem Lipödem ganz anders vor als bei ästhetisch motivierten Köperformungs-Behandlungen.
myBody: Bitte erläutern Sie, inwiefern die Absaugtechnik anders ist.
Orellana: Bei Patientinnen mit Lipödem stehen die Lymphbahnen besonders unter Druck. Die Ödeme, die der Erkrankung mit ihren Namen geben, sind ja nichts anderes als übermäßige Wassereinlagerungen. Sie kommen daher, dass die feinen Lymphgefäße in den Beinen, Hüften und Armen damit überfordert sind, Flüssigkeit abzupumpen. Neben der Fettwucherung verursacht das mit das unförmige Körperbild. Bei der Liposuktion brauchen die bereits angegriffenen Lymphgefäße maximale Schonung. Anders als bei der herkömmlichen Absaugung fahren wir mit der Absaugkanüle daher nicht flächig durchs Gewebe, denn das könnte die feinen Gefäße verletzen. Vielmehr wenden wir eine achsengerechte Absaugtechnik an. Das bedeutet, wir bewegen die Kanüle parallel zu den Gefäßen.
myBody: Gibt es noch weitere Vorkehrungen für eine schonende Absaugung?
Orellana: Ich nutze bei der Lipödem-Behandlung bevorzugt die sogenannte Laserlipolyse, die laserunterstützte Fettabsaugung. Das Verfahren ist seit mehr als 15 Jahren etabliert, mittlerweile gibt es dafür hochmoderne Geräte der 3. Generation. Die Lasertechnik ist eine hervorragende Ergänzung zum Tumeszenz-Verfahren, das bei modernen Fettabsaugungen Standard ist. Tumeszenz bedeutet, dass wir die Absaugung durch die Einleitung einer besonderen Flüssigkeit vorbereiten. Sie trennt die Fettzellen voneinander und sorgt für eine wirksame örtliche Betäubung.
myBody: Und wie genau erleichtert der Laser die Behandlung?
Orellana: Ich führe während der OP eine medizinische Laserfaser unter die Haut. Deren Durchmesser beträgt nicht mehr als 1 Millimeter. Die Fettzellen werden dadurch auf bis zu 50 Grad Celsius erhitzt. Diese sogenannte Thermolyse verflüssigt den Inhalt der Zellen. Der Saugkanüle wird nicht mehr so viel Widerstand entgegengesetzt und die Absaugung wird verträglicher. Auch kann ich an der Gewebegrenze besonders filigran arbeiten. So lässt sich das Ziel der radikalen Absaugung leichter verwirklichen. Das von mir genutzte Lasergerät arbeitet aber noch mit einer zweiten Wellenlänge, die zusätzlich die Hauterholung fördert.
myBody: Das Thema Haut ist für Lipödem-Patientinnen ja besonders relevant.
Orellana: Beim Lipödem müssen wir besonders viel absaugen, um einen maximalen Heileffekt zu erzielen. Dadurch wird Haut über den vom Fett befreiten Hohlräumen in Mitleidenschaft gezogen. Sie ist nach dem Eingriff häufig schlaff oder hängt sogar herab. Früher machte das in vielen Fällen eine chirurgische Hautstraffung erforderlich. Der Laser, den ich während der OP einsetze, kann der Patientin diese zusätzliche Operation oft ersparen. Mit seiner zweiten Wellenlänge sorgt er für einen hitzebedingten Shrinking-Effekt, also ein unmittelbares Zusammenziehen der tieferen Hautschichten. Langfristig reagiert die Haut auf den Hitzeschub außerdem mit vermehrter Bildung von Kollagenfasern. Das unterstützt sehr gut die Hauterholung, strafft zusätzlich und macht den Hautmantel kompakter.
myBody: Kompressionswäsche muss man nach der Fettabsaugung aber trotzdem Tag und Nacht tragen, oder?
Orellana: Ja, mindestens für einige Wochen. Das ist nicht anders als bei ästhetisch motivierten Absaugungen. Die Kompression unterstützt die Haut über den abgeräumten Fettdepots dabei, möglichst gut mit den unteren Gewebeschichten zu verwachsen. Lipödem-Patientinnen sind es ja gewohnt, im Alltag Kompressionsstrümpfe oder -mieder zu tragen. Dabei handelt es sich um eine der wichtigsten konservativen Behandlungsmaßnahmen. Nach erfolgreicher Absaugung können Patientinnen, die weniger Beschwerden verspüren, es aber immer öfter ohne Kompression versuchen. Das ist besonders im Sommer eine riesige Erleichterung. Nicht wenige unserer Patientinnen brauchen gar keine Kompressionskleidung mehr.
myBody: Sie scheinen vom Nutzen der laserunterstützten Fettabsaugung sehr überzeugt.
Orellana: Allerdings, denn im Vergleich zu herkömmlichen Methoden wird die Liposuktion des Lipödems meiner Erfahrung nach so absolut erleichtert. Besonders schön ist es zu sehen, wie jahrelang leidende Patientinnen nach der Absaugung aufblühen. Sie sind viel aktiver, passen wieder besser in körperbetonte Kleidung und gewinnen ungemein an Lebensfreude. Es ist toll, dass ich als plastische Chirurgin zu diesem gesundheitlichen Neubeginn beitragen kann.
Greysy Carola Orellana Oropin ist Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie und ist Teil des Teams der S-thetic Klinik Hamburg. Sie hat sich auf die körperformende Eingriffe sowie auf die Gesichtschirurgie spezialisiert.
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