Expertengespräch zum Thema Vaterschaftstest

Ein Vaterschaftstest kann Klarheit in eine oft schwierige und emotionale Situation bringen. In einem aufschlussreichen Expertengespräch erläutert Florian Dietz, Rechtsanwalt und gleichzeitig als Fachanwalt für Familienrecht tätig, die wichtigsten Aspekte rund um den Vaterschaftstest.

myBody: Herr Dietz, sagen Sie uns doch bitte, aus welchen Beweggründen die an ihrer Vaterschaft zweifelnden Väter zu Ihnen kommen.

RA Dietz: Den Betroffenen geht es grundsätzlich um zwei Dinge. Zum Einen besteht ein dringender Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage, bin ich der Vater oder bin ich es nicht. Zum Anderen sind die rechtlichen Konsequenzen aus der Vaterschaft, nämlich die Unterhaltsverpflichtung gegenüber Kind und gegebenenfalls auch gegenüber der Mutter sowie das Erb- und Pflichtteilsrecht des Kindes ausschlaggebend für den Ratsuchenden.

myBody: Erläutern Sie bitte Letzteres näher.

RA Dietz: Solange ein Mann im rechtlichen Sinne als Vater eines Kindes gilt, ist er verpflichtet, den Unterhaltsbedarf des Kindes bis zum Abschluss einer in sich geschlossenen Ausbildung zu decken. Bei einem studierenden Kind bedeutet dies durchschnittlich Unterhaltszahlungen von insgesamt etwa € 100.000,00. Daneben ist das Kind nach seinem "rechtlichen" Vater erb- und gegebenenfalls pflichtteilsberechtigt, so dass ihm im Falle des Todes seines Vaters in jedem Falle ein Geldanspruch zusteht.

myBody: Unter welchen Voraussetzungen fallen nach gegenwärtiger Rechtslage diese rechtlichen Konsequenzen aus der Vaterschaft weg?

RA Dietz: Erst wenn ein rechtskräftiger gerichtlicher Beschluss über das Nichtbestehen der Vaterschaft vorliegt, endet die Unterhaltspflicht und das Erbrecht.

myBody: Wie hoch ist nach Ihren Erfahrungen die "Erfolgsquote" der Vaterschaftstests?

RA Dietz: Die langjährige Praxis zeigt, dass nur etwa 10 % der Zweifel der Väter auch tatsächlich begründet sind. Nach bisheriger Rechtslage war es deswegen durchaus sinnvoll und vor allem auch familienverträglich, wenn die ohne Zustimmung der Mutter eingeholten Tests, bei denen sich die Vaterschaft bestätigt hat, dann einfach im Papierkorb landeten.

myBody: Was hat sich an dieser Rechtslage seit dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts geändert?

RA Dietz: Die Richter in Karlsruhe haben entschieden, dass ein ohne Zustimmung der Mutter eingeholter heimlicher Vaterschaftstest in unzulässiger Weise in das sogenannte informationelle Selbstbestimmungsrecht des Kindes eingreift. D.h. die Weitergabe genetischer Daten an Dritte (in diesen Fällen das jeweilige Institut, bei dem der Vaterschaftstest in Auftrag gegeben wird) ist rechtswidrig.

Dem zufolge darf ein Vater, der ein gerichtliches Verfahren über die Anfechtung der Vaterschaft in die Wege geleitet hat, das auf diesem Weg eingeholte Gutachten nicht verwerten. Er muss stattdessen gegenüber dem Gericht einen begründeten Anfangsverdacht darlegen, nach dem ernsthafte Zweifel an seiner Vaterschaft bestehen. Für viele Väter ist dies schier unmöglich, vor allem solange und soweit die Mutter anderweitigen geschlechtlichen Kontakt in der sogenannten Empfängniszeit hartnäckig abstreitet.

myBody: Wie soll diesem Dilemma nun künftig begegnet werden?

RA Dietz: Das Verfassungsgericht hat den Gesetzgeber aufgefordert, bis spätestens 31.03.2008 eine neue gesetzliche Regelung zu erlassen, nach der es den an ihrer Vaterschaft zweifelnden Vätern erleichert wird, selbige überprüfen zu lassen. Es soll ein Verfahren geschaffen werden, mit dem der Vater bei Gericht lediglich seine Zweifel vorbringen kann, und das Gericht dann ein Sachverständigengutachten in Auftrag gibt.

Konsequenz dieses Verfahrens soll aber nicht sein, dass automatisch im Falle des Nichtbestehens der Vaterschaft diese auch rechtlich beendet wird. Nur wenn der Vater dann in einem weiteren formalen gerichtlichen Verfahren seine Vaterschaft anficht, entfallen auch die rechtlichen Konsequenzen seiner Vaterschaft.

myBody: Das hört sich im Grunde genommen vorteilhaft für die Väter an. Die Mutter wird aber in diesem Verfahren doch immer beteiligt sein und damit in Kenntnis von den Zweifeln ihres Partners oder Ehemannes gesetzt werden. Ist dies nicht ein Nachteil?

RA Dietz: Tatsächlich kann und wird diese Vorgehensweise zu erheblichen familiären Schieflagen und Trennungen führen, was dann auch - wie leider in vielen Fällen - zu Lasten der Kinder geht. Deswegen halte ich es in einigen Fällen nach wie vor für sinnvoll, einen heimlichen Vaterschaftstest einzuholen. Der Vater hat es dann selbst in der Hand, darüber zu entscheiden, ob er gerichtliche Schritte in die Wege leiten will, selbst wenn es sich herausstellt, dass er nicht der Vater ist. Viele Männer, denen ihre Kinder ans Herz gewachsen sind, wollen trotz der Tatsache, dass sie biologisch gesehen nicht die Väter sind, weiterhin sogenannte "soziale" Väter sein. Erfahrungsgemäß ist dies mit dem Kindeswohl auch in hohem Maße vereinbar.

myBody: Vielen Dank für dieses Gespräch.

Kurzprofil Florian Dietz

Florian Dietz ist seit über 10 Jahren als Rechtsanwalt und gleichzeitig als Fachanwalt für Familienrecht tätig. Herr Dietz wird immer wieder mit Fragen von Vätern konfrontiert, die an ihrer Vaterschaft zweifeln. Im Gespräch erläutert uns der Spezialist diese Problematik im Lichte der jüngst hierzu ergangenen Rechtsprechung.

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