CMD - Craniomandibuläre Dysfunktion Rückenschmerzen durch falsche Kieferstellung?

Wer denkt bei Tinnitus an das Kiefergelenk? Tatsächlich ist bei rund einem Drittel der Tinnitus-Patienten eine Störung der Kaufunktion die eigentliche Ursache der Beschwerden. Und wer geht bei Rückenschmerzen zum Zahnarzt? Auch hier kann eine Fehlregulation des Kiefergelenks die Beschwerden auslösen. Das Krankheitsbild der CMD (Craniomandibuläre Dysfunktion) versteckt sich oft hinter vielfältigen Symptomen und nur eine spezielle Funktionsanalyse kann Klarheit verschaffen.

myBody: Herr Süßenberger, Experten zufolge leiden in Deutschland mehr als 7 Millionen Menschen unter der so genannten craniomandibulären Dysfunktion, kurz CMD. Trotzdem ist diese Erkrankung weitgehend unbekannt. Was genau steckt dahinter?

A. Süßenberger: Die craniomandibuläre Dysfunktion beschreibt eine Fehlregulation der Muskel- oder Kiefergelenkfunktion. Obwohl die Ursachen vielfältig sein können und sowohl strukturelle, funktionelle, biochemische als auch psychische Faktoren umfassen, zeigt sich die craniomandibuläre Dysfunktion in der Regel als statische Instabilität zwischen den Zähnen im Ober- und Unterkiefer.

myBody: Heißt das, dass die Zähne nicht richtig aufeinanderpassen?

A. Süßenberger: Exakt. Im Normalfall treffen die Zähne im Ober- und Unterkiefer gleichmäßig aufeinander, so dass wir von einer neutralen Bisslage sprechen, bei der keine besondere zusätzliche Muskelanspannung erforderlich ist. Aber schon bei einer geringfügigen Abweichung von dieser neutralen Bisslage verschiebt sich der Unterkiefer automatisch, um die Fehlstellung auszugleichen. Dadurch werden die umliegenden Muskeln auf unnatürliche Weise belastet. Das kann neben Kiefergelenkschmerzen auch Beschwerden in ganz anderen Körperbereiche hervorrufen.

myBody: Wie das? Besteht zwischen den Zähnen bzw. den Kiefergelenken und dem restlichen Körper denn eine direkte Verbindung?

A. Süßenberger: Natürlich. Und gerade dieser Zusammenhang wird leider viel zu oft unterschätzt. Der Kauapparat ist über Muskeln und Nerven eng mit anderen Körperteilen- insbesondere dem Stütz- und Bewegungsapparat - verbunden. Und all diese Körperteile beeinflussen sich gegenseitig. Sie kennen z.B. den Effekt, dass Verspannungen im Nackenbereich sich oft als Kopfschmerzen bemerkbar machen. Das kommt daher, dass die durch die Funktionsstörung bedingte Muskelanspannung sich auf andere Muskelgruppen und Skelettstrukturen überträgt.

myBody: Und an welchen Stellen kann sich die CMD bemerkbar machen?

A. Süßenberger: Das ist genau das tückische an dieser Funktionsstörung. Die Symptome können so vielseitig sein, dass ein Zusammenhang mit dem Kiefergelenk oft gar nicht in Erwägung gezogen wird. Neben Beschwerden im Bereich des Kausystems wie Kiefergelenkschmerzen, Zähneknirschen oder Zahnlockerungen können das z.B. Schulter-, Nacken-, Hüft- oder Knieschmerzen sein, die durch entsprechende Schiefstände hervorgerufen werden, aber auch Schwindel, Sehstörungen, Ohrgeräusche und sogar Depressionen.

myBody: Und wer kommt bei solchen Beschwerden auf die Idee, die Kiefergelenke zu untersuchen?

A. Süßenberger: Gute Frage. In der Regel haben Patienten, die unter CMD leiden, schon die verschiedensten Ärzte konsultiert, ohne die Ursache ihrer Beschwerden gefunden zu haben. Denn leider übersehen auch viele Ärzte die Möglichkeit einer Störung der Kiefergelenkfunktion. Daher sollten Patienten, die beispielsweise Beschwerden im Bereich der Kiefergelenke oder des Ohrs haben, Geräusche beim Bewegen des Unterkiefers bemerken, den Mund nur eingeschränkt öffnen können, mit den Zähnen knirschen, unter ungeklärten Schmerzen im Kopf- oder Nackenbereich oder auch unter Schwindel leiden, selbst die Initiative ergreifen und ihren Arzt bitten, die CMD in die diagnostischen Überlegungen einzubeziehen. Er wird sie dann zu einem Zahnarzt überweisen.

myBody: Kann denn jeder Zahnarzt die notwendige Analyse dazu durchführen?

A. Süßenberger: Die Diagnose sollte nur von einem Zahnarzt, der auf die Bereiche Funktionsanalyse und Kiefergelenk spezialisiert ist, übernommen werden. Bei der Analyse untersucht er z.B. die Kau- und Kopfmuskeln auf druckschmerzhafte Verhärtungen, prüft die Dreh-, Kipp- und Neigungsfähigkeit des Kopfes und misst die Belastung der einzelnen Zähne.

myBody: Und wie sieht die Behandlung aus, wenn die Diagnose craniomandibuläre Dysfunktion lautet?

A. Süßenberger: Der Zahnarzt führt in der Regel die Erstbehandlung durch, um wieder ein ausgewogenes statisches Verhältnis zwischen Ober- und Unterkiefer herbeizuführen und damit die Ursache der Erkrankung zu beseitigen. Das können z.B. zu hohe Kronen, überstehende Füllungen oder schlecht sitzende Prothesen sein. Zusätzlich können auch vorübergehend Funktions-Schienen eingesetzt werden, um den normalen Biss wieder herzustellen. Da diese Schienen sich auf die gesamte Körperstatik auswirken, sollte unbedingt auch ein Orthopäde in die Therapie mit einbezogen werden. Überhaupt ist für die erfolgreiche und nachhaltige Behandlung der CMD immer die Zusammenarbeit von Zahnarzt, Orthopäde, Physiotherapeut oder Osteopath empfehlenswert.

myBody: Das waren sehr interessante und überraschende Aspekte. Haben Sie herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Süßenberger.

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