Zahnarztangst Individuelle Narkoseformen beim Zahnarzt

Schmerz- und stressfreie Behandlungen für alle Patienten

Kaum eine zahnärztliche Behandlung läuft heute noch ohne Betäubung ab. Bei den meisten Eingriffen erfolgt die Schmerzausschaltung durch eine örtliche Betäubung. Doch nicht immer ist eine solche Lokalanästhesie ausreichend, um dem Patienten eine gleichzeitig schmerz- wie auch angstfreie Behandlung zu ermöglichen. Andere Narkoseverfahren wie der Dämmerschlaf oder die Vollnarkose können in solchen Fällen gute Alternativen sein. Wann und warum eine Narkosebehandlung beim Zahnarzt sinnvoll ist und wie sie abläuft, erläutert der zahnmedizinische Experte Dr. Dr. Helmut Hildebrandt für myBody®.

myBody: Zahnärztliche Behandlungen werden immer häufiger unter Narkose, nicht selten sogar unter Vollnarkose, durchgeführt. Sind Ihre Patienten schmerzempfindlicher geworden, Herr Dr. Hildebrandt?

Dr. Hildebrandt: Nein, das sind sie nicht. Aber die Möglichkeit der geplanten und gezielten Schmerzausschaltung macht die Behandlung sowohl für sie als auch für uns wesentlich einfacher. Die Gewissheit, bei einem Eingriff keinerlei Schmerzen zu verspüren, ist für viele Patienten die Voraussetzung für einen angst- und stressfreien Zahnarztbesuch.

myBody: Gibt es den typischen „Narkose-Fall“?

Dr. Hildebrandt: Nein. Denn Narkose ist nicht immer gleich Narkose. Wir unterscheiden grundsätzlich drei Formen der Schmerzausschaltung: die Lokalanästhesie, die Analgosedierung und die Vollnarkose. Für jede dieser Methoden gibt es unterschiedliche Indikationen und Empfehlungen. Hinzu kommen die Wünsche und Bedürfnisse des Patienten. Am Ende muss jeder Fall ganz individuell bewertet werden und es kann sein, dass bei drei gleichen Eingriffen drei unterschiedliche Narkoseformen zum Einsatz kommen.

myBody: Können Sie das vielleicht an einem Beispiel erläutern?

Dr. Hildebrandt: Nehmen wir die klassische Kariesbehandlung. Im Normalfall führen wir den Eingriff mit einer Lokalanästhesie, also einer örtlichen Betäubung, durch. Das reicht aus, um den Schmerz an der behandelten Stelle komplett auszuschalten. Für einen Patienten mit ausgeprägter Zahnarztangst ist das allerdings nicht genug. Denn er fürchtet nicht nur den Schmerz, sondern auch die Behandlungs-situation an sich, also z.B. die Instrumente und die Bohr- oder Schleifgeräusche. In diesem Fall empfehlen wir eine Analgosedierung, durch die der Patient in einen Dämmerschlaf versetzt wird, der ihn gleichzeitig beruhigt und schmerz-unempfindlich macht. Nun stellen Sie sich noch ein Kleinkind vor, bei dem bereits mehrere Behandlungsversuche erfolglos verlaufen sind, und das sich trotz größtem Einfühlungsvermögen nicht beruhigen lässt. Hier bleibt oft nur die Vollnarkose, um die wichtige Kariesbehandlung überhaupt durchführen zu können.

myBody: Wie kann man sich eine solche Narkosebehandlung beim Zahnarzt vorstellen? Muss dabei immer ein Anästhesist anwesend sein?

Dr. Hildebrandt: Mit Ausnahme der Lokalanästhesie, die der Zahnarzt selbst in Form einer Betäubungsspritze verabreicht, obliegt die Narkosebehandlung einem Facharzt für Anästhesie. Er übernimmt die notwendigen Voruntersuchungen, klärt über Ablauf und mögliche Risiken auf, verabreicht das jeweilige Medikament und kontrolliert die computergestützte Überwachung der Narkose. In unserer Praxis beispielsweise arbeiten wir mit einem erfahrenen Anästhesie-Team zusammen, das unsere Patienten vor, während und auch nach der Behandlung betreut.

myBody: Das heißt, in einer normalen Zahnarztpraxis lässt sich ein Eingriff unter Narkose gar nicht durchführen?

Dr. Hildebrandt: Eine Narkosebehandlung findet in der Regel nur in speziell ausgerichteten Praxen oder Kliniken mit angeschlossener Anästhesie statt. Darüber hinaus sind ja auch OP-Räume notwendig sowie Aufwachräume zur post-operativen Betreuung.

myBody: Wie sieht diese Nachsorge aus?

Dr. Hildebrandt: Direkt nach der Behandlung wird der Patient in den Aufwachraum gebracht, wo er nach wenigen Minuten aus der Narkose erwacht. Hier bleibt er so lange unter ärztlicher Kontrolle, bis er sich vollständig erholt hat. In der Regel kann der Patient nach maximal einer Stunde die Praxis oder Klinik verlassen. Wir geben unseren Patienten noch einige schriftliche Verhaltensregeln mit auf den Weg sowie die Telefonnummer des Arztes für eventuelle Rückfragen. Außerdem rufen wir den Patienten noch am Behandlungstag an, um uns zu versichern, dass er den Eingriff und die Narkose gut überstanden hat. Den Abschluss der Nachsorge bilden die Kontrolltermine sowie ggf. die Entfernung der Nähte nach ca. 8 Tagen.

myBody: Eine letzte Frage: Steht die Vollnarkose beim Zahnarzt im Hinblick auf Nutzen bzw. Notwendigkeit im angemessenen Verhältnis zum Risiko?

Dr. Hildebrandt: Also, erstens kann man die Notwendigkeit einer Vollnarkose nicht pauschal bewerten. Für Patienten mit extremer Zahnarztangst, Kinder, behinderte Menschen, bei besonders großen und komplizierten Eingriffen, wie die Entfernung aller vier Weisheitszähne, oder generell bei allen Behandlungen, die ansonsten gar nicht durchführbar wären, ist die Vollnarkose sicher eine geeignete Methode. Zweitens sind die Risiken bei den modernen Narkoseverfahren und -medikamenten nahezu vernachlässigbar. Vor jeder Behandlung steht außerdem eine gründliche Untersuchung, um mögliche Komplikationen schon im Vorfeld erkennen und ausschließen zu können. Besteht auch nur das kleinste Risiko, wird eine Narkosebehandlung beim Zahnarzt gar nicht erst durchgeführt.

myBody: Vielen Dank, Herr Dr. Hildebrandt, dass Sie diese interessanten Aspekte mit uns diskutiert haben.

Über Dr. med. Dr. med. dent. Helmut Hildebrandt

Der Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Dr. med. Dr. med. dent. Helmut Hildebrandt, gilt unter anderem als Spezialist auf den Gebieten der Implantologie und der 3D-Diagnostik. Gemeinsam mit einem Kollegen bietet er in seiner Bremer Praxis ein breites Spektrum an chirurgischen Behandlungen inklusive moderner und schonender Narkoseverfahren an.

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