Habe ich ein Lipödem?
Breite Hüften, dicke Oberschenkel und dazu ein schlanker oder normaler Oberkörper – diese körperlichen Erscheinungen sind manchmal nicht einfach nur die berühmten „paar Kilos zu viel“, sondern sie können auf eine ernsthafte Erkrankung hinweisen.
Was ist ein Lipödem?
Das Lipödem ist eine fortschreitende Erkrankung des Unterhautfettgewebes, die meist Frauen betrifft und für die es bisher noch keine Heilung gibt. Der Beginn der Erkrankung geht häufig mit einer hormonellen Umstellung wie der Pubertät oder einer Schwangerschaft einher. Vor oder nach den Wechseljahren wird ein Lipödem dagegen eher selten diagnostiziert. Eine familiäre Häufung, also beispielsweise eine Erkrankung von Mutter und Tochter, ist in einigen Fällen zu beobachten. Manchmal werden allerdings auch Generationen übersprungen. Männer sind dabei als Vererbende des offenbar hormonell getriebenen Gendefekts ebenfalls in der Diskussion.
Das Fettgewebe verändert sich im Krankheitsverlauf. Es zeigt sich eine symmetrische, schwammige und reiterhosenartige Fettge- webszunahme. Im weiteren Ver- lauf bildet sich das sogenannte „Matrazenphänomen“ aus. Die Hautoberfläche wird wellig und es bilden sich Knötchen in verdickten Hautarealen, die so groß wie Walnüsse oder Äpfel werden können. Auffällig ist die zunehmende Disproportion zwischen Rumpf, Armen und Beinen.
Im Gegensatz zu anderen Fettverteilungsstörungen wie Adipositas oder einer Fettgewebsvermehrung (Lipohyperplasie) leiden Lipödem-Patienten an Druck- und Berührungsschmerzen und bekommen sehr schnell blaue Flecken. Hände und Füße sind dagegen beim Lipödem nicht betroffen. Unbehandelt kann sich durch die Fettgewebszunahme und der daraus entstehenden Belastung für das Lymphsystem über die Jahre ein sekundäres Lymphödem, das sogenannte Lipolymphödem, bilden. Unser Lymphsystem ist neben dem Blutkreislauf das zweite wichtige Transportsystem. Die zusätzliche Belastung durch das Fettgewebe beeinträchtigt die Funktion der Gefäßwände und verringert deren Transportkapazitäten. Das Lymphsystem kann damit seiner Funktion, für das Flüssigkeitsgleichgewicht im Körper zu sorgen und überschüssige Flüssigkeiten inklusive lymphpflichtiger Stoffe wie Fette, Viren, Bakterien, Eiweiße, Zellen und Zelltrümmer aus dem Gewebe zu transportieren, nicht mehr vollumfänglich nachkommen. Betroffene Patienten leiden neben der Fettgewebszunahme daher auch an schweren und geschwollenen Armen und Beinen. Zusätzlich erleben sie einen Spannungs- oder Berstungsschmerz.
Lipödem-Charakteristiken
Für das Lipödem wurde ein Klassifizierungssystem entwickelt, das in seiner gängigsten Ausprägung mit vier Stadien arbeitet:
Die Stadien gehen dabei fließend ineinander über und können sich über Jahre entwickeln. Durch die hormonelle Komponente der Erkrankung kann sich der Prozess bei hormonellen Schwankungen (z. B. durch eine Schwangerschaft) deutlich beschleunigen. Spätere Stadien haben zudem weitreichende gesundheitliche Einflüsse. So werden u. a. Achsfehlstellungen und Arthrosen durch die umfangreiche Fett- und damit Gewichtszunahme beobachtet. Essstörungen und Depressionen können ebenfalls Folgeerscheinungen sein. Zusätzlich zu den Stadien gibt es auch eine Typeneinteilung, die sich vor allem auf die Lokalisierung der Fettgewebsveränderungen bezieht.
Häufig wird als Typ 5 zusätzlich das bereits oben angesprochene Lipolymphödem definiert.
Zur Beurteilung des individuellen Erkrankungsbildes und der damit einhergehenden Symptome werden sowohl die Stadien als auch die Typen herangezogen. Danach kann eine Patientin zum Beispiel ein Lipödem Typ 3 haben, bei dem Gefäß, Hüften und das komplette Bein betroffen sind. Das Stadium der Erkrankung mag aber bei II liegen. Das heißt, dass sich die Fettgewebsstruktur in den betroffenen Arealen als grobknotig und deutlich vermehrt präsentiert, die Hautoberfläche als uneben und dellig.
Der Nachteil beider Einteilungen ist, dass der Schmerz als wesentliches Symptom des Lipödems bisher keinerlei Berücksichtigung bei der Diagnose findet. Daher wird in jüngster Zeit ein neuer Score diskutiert, der MLS-Munich Lipedema Score, der unter anderem die Schmerzbelastung betroffener Patienten mit abbildet und daher der Diagnosesicherung dienen kann. Diese Erweiterung ist auch deshalb sinnvoll, weil sie entscheidenden Einfluss auf die notwendige Therapie nimmt. Reichen konservative Maßnahmen wie Lymphdrainage und Kompression nicht aus, um die Beschwerden zu lindern, kann auch schon in frühen Stadien über eine Liposuktion nachgedacht werden. Diese hat sich als entscheidende Maßnahme zur Verbesserung der Lebensqualität herauskristallisiert.
Dieser Artikel ist in mabelle 3/22 erschienen
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