Von Motiven und Möglichkeiten der Intimchirurgie
Falsche Scham?
Noch nie wurden so viele Eingriffe im Intimbereich durchgeführt wie heute. Es spricht nur kaum einer darüber.
Schamhaar, Schamhügel, Schamlippen, Schambereich: Schon sprachlich wird Frauen suggeriert, dass sie sich für ihren Intimbereich schämen müssen. Die Petition „Weg mit der Scham: ‚Vulvalippen‘ in den Duden“ von Journalistin Gunda Windmüller und Kulturwissenschaftlerin und Autorin Mithu Sanyal setzt sich genau gegen diesen schamhaften Sprachgebrauch ein. Trotz (oder gerade wegen?) der häufigen Tabuisierung und des Nicht-Sprechens über Vulven und Vaginen boomt die Branche der Intimchirurgie.
Das Unaussprechliche wird von vielen Frauen zunehmend als optimierungsbedürftig wahrgenommen und die Methoden der Genitalkorrektur sind so vielfältig wie die Natur der Vulven. Was treibt den Wunsch nach einer Vaginalstraffung, Labienplastik oder einem Vulva-Bleaching an? Seit dem Aufkommen der Intimrasur Ende der Neunziger beschäftigen sich Frauen verstärkt mit dem „da unten“, die Pornoindustrie manifestierte das Ideal: Die symmetrischen und zartrosa gefärbten äußeren Labien (Fachterminus für Schamlippen) umschließen die inneren vollständig, die „ideale“ Vulva sieht demnach aus wie eine geschlossene Muschel. In der Realität ragen die inneren Labien meist bis zu zwei Zentimeter heraus, sind selten symmetrisch, oft gekräuselt und das Farbspektrum reicht von rosa bis dunkelbraun. Doch nicht nur das Nachjagen eines standardisierten Ideals treibt Frauen in die Praxis von Intimchirurgen. Sie erhoffen sich durch den Eingriff außerdem mehr Selbstbewusstsein und mehr sexuelle Befriedigung. Insbesondere nach Geburten oder im Laufe des natürlichen Alterungsprozesses wünschen sich viele eine Wiederherstellung des einstigen Aussehens oder / und eine Steigerung des Lustempfindens. In unserem feministisch geprägten Zeitalter sollte selbstverständlich sein, dass jede Vulva schön ist und ihre Daseinsberechtigung hat, egal wie sehr sie von der Norm abweicht. Es sollte aber auch legitim sein, dass Frauen selbstbestimmt das Angebot der modernen Medizin wahrnehmen, egal ob die Gründe dafür gesundheitlicher, sexueller oder rein ästhetischer Natur sind.
Vulva
Vulva-Bleaching
Was es kann: Hellt den Intimbereich auf, der im Vergleich zum umliegenden Hautton leicht bis deutlich dunkler pigmentiert ist.
Was passiert: Durch einen fraktionierten Laser wird die oberste Hautschicht vorsichtig abgetragen. Die Behandlung dauert ca. 45 Minuten, eine Sitzung reicht für ein zufriedenstellendes Ergebnis oftmals aus.
Wie es sich anfühlt: Vorher wird eine betäubende Salbe aufgetragen, der Eingriff ist also kaum schmerzhaft. Danach brennt der Bereich etwas und fühlt sich wund an.
Ergebnis: Das Ergebnis kann nach vier bis sechs Wochen beurteilt werden, abhängig von der ursprünglichen Pigmentierung ist eine leichte bis deutliche Aufhellung zu erwarten. Für einen größeren Effekt kann die Behandlung wiederholt werden.
Preis: rund 400 Euro.
Fettabsaugung am Venushügel
Was es kann: Ein großer, deutlich nach vorne gewölbter Venushügel wird verkleinert. Auch schlanke Frauen können unter Fettansammlungen in diesem Bereich leiden. Narben (zum Beispiel nach einem Kaiserschnitt) können die Fettansammlung hier begünstigen.
Was passiert: Die Fettzellen werden mithilfe einer Tumeszenz-Lösung gelockert und anschließend über eine dünne Kanüle abgesaugt.
Wie es sich anfühlt: Der Eingriff wird meistens ambulant unter lokaler Betäubung durchgeführt. Die Einstichstellen können im Nachhinein etwas schmerzen und die Region an sich fühlt sich empfindlich und ähnlich wie bei einem Muskelkater an.
Ergebnis: Nach ein paar Wochen kann das Ergebnis beurteilt werden. Die Fettansammlung ist aufgelöst und der Venushügel steht im Profil betrachtet nicht mehr oder kaum noch hervor.
Preis: ab 1.200 Euro.
Labioplastik
Was es kann: Die inneren Labien werden chirurgisch verkleinert, sodass sie nicht mehr zwischen den äußeren herausragen. Das kann aus rein ästhetischen Gründen gewünscht sein, oder weil die Reibung beim Gehen Schmerzen verursacht.
Was passiert: Der Gewebeüberschuss wird angezeichnet und mit einem Skalpell oder Laserskalpell entfernt. Die Schnitte werden im Anschluss mit selbstauflösendem Nahtmaterial verschlossen.
Wie es sich anfühlt: Die Labioplastik kann unter lokaler Betäubung oder in Vollnarkose durchgeführt werden. Da es sich um einen invasiven Eingriff handelt, dauert die Heilung einige Wochen. Währenddessen ist die Region empfindlich, Sport oder Sex fühlt sich zunächst unangenehm an.
Ergebnis: Durch die OP kann auch ein sehr großer Gewebeübeschuss behoben werden. Im Anschluss schauen die inneren Labien gar nicht mehr oder nur noch minimal (je nach Wunsch der Patientin) zwischen den äußeren Labien hervor. Auch Asymmetrien können ausgeglichen werden.
Preis: ab 900 Euro.
Vagina
Hymenrekonstruktion
Was es kann: Das Jungfernhäutchen (auch Hymen genannt), eine ringförmige Membran, die in der Regel beim ersten Geschlechtsverkehr reißt, wird wiederhergestellt. In einigen Kulturen hat das Hymen einen hohen symbolischen Stellenwert. Wenn es beispielsweise durch ein Tampon oder Sport vorzeitig verletzt wurde, kann eine Rekonstruktion wünschenswert sein.
Was passiert: Nachdem das Jungfernhäutchen gerissen ist, verbleiben sternförmige Gewebereste. Diese Zacken können mittels eines Laserskalpells aufgetrennt, neu verbunden und vernäht werden. Nach ca. sechs Wochen haben sich die Fäden aufgelöst und das Hymen ist rekonstruiert.
Wie es sich anfühlt: Vom Eingriff selbst ist nichts zu spüren, er erfolgt meist im Dämmerschlaf. Auch danach spüren die meisten Patientinnen nichts vom Eingriff, Schmerzmittel sind nicht nötig.
Ergebnis: Die ringförmige Membran ist wiederhergestellt, möglicherweise ist sie etwas fester als ursprünglich.
Preis: ab 2.500 Euro.
Botox bei Vaginismus
Was es kann: Vaginismus ist eine unwillkürliche Verkrampfung der Beckenbodenmuskulatur. Für Betroffene ist Geschlechtsverkehr nur unter großen Schmerzen möglich. Mindestens 10 Prozent der Frauen in Deutschland sollen unter Vaginismus leiden.
Was passiert: Botox wird in den Muskel injiziert, der Vagina und Harnröhre umschließt. Der Stoff behindert die Reizweiterleitung zwischen Muskel und Nerv und unterbindet so eine Verkrampfung des Muskels.
Wie es sich anfühlt: Viele Patientinnen fühlen sich aufgrund der psychischen Vorbelastung unwohl mit dem Gedanken, eine Spritze in die Vagina eingeführt zu bekommen. Der Eingriff wird darum im Dämmerschlaf durchgeführt. Danach kann ein leichtes Brennen spürbar sein, Patientinnen haben aber keinerlei Einschränkungen.
Ergebnis: Das Ergebnis zeigt sich oft sofort, wird durch ein spezielles Beckenbodentraining aber noch verfestigt. Obwohl sich der Wirkstoff nach ca. sechs Monaten abbaut, ist der Behandlungserfolg bei Vaginismus meist dauerhaft.
Preis: zwischen 400 und 1.000 Euro.
G-Punkt-Unterspritzung
Was es kann: Der G-Punkt ist eine ca. zwei Zentimeter große Zone an der vorderen Vaginalwand. Durch die Unterspritzung mit Hyaluronsäure schwillt der erogene G-Punkt an, eine bessere Stimulierbarkeit und intensivere Orgasmen sollen so erreicht werden.
Was passiert: Knapp ein Milliliter hoch vernetzte Hyaluronsäure wird an mehreren Stellen des G-Punktes injiziert. Die Prozedur dauert rund 30 Minuten.
Wie es sich anfühlt: Durch das Auftragen einer Betäubungscreme ist die Behandlung nicht schmerzhaft. Auch danach spüren die meisten keine Veränderungen. Mit der Stimulation des G-Punkts sollte trotzdem mindestens zwei Tage gewartet werden.
Ergebnis: Nicht bei allen Patientinnen wird eine merkliche Empfindungssteigerung erreicht. Im besten Fall hält der Effekt ein Jahr lang an, dann hat sich das gewonnene Volumen zurückgebildet.
Preis: ab 600 Euro.
Anti-Aging
Emsella
Was es kann: Bei einer Belastungsinkontinenz kann kräftiges Lachen, schweres Heben oder Husten zu einem plötzlichen Urinverlust führen. Schuld ist der Blasenschließmuskel, der nicht mehr stark genug ist, um die Harnröhre verschlossen zu halten. Emsella trainiert diesen Muskel und behandelt so die Inkontinenz.
Was passiert: Die Patientin setzt sich auf den Emsella-Stuhl. Dieser erzeugt ein starkes elektromagnetisches Feld, welches den Beckenboden zu vielen intensiven Kontraktionen anregt. Auf non-invasive Weise wird der Beckenboden gestrafft und stimuliert.
Wie es sich anfühlt: Die Behandlung ist überhaupt nicht schmerzhaft, man bleibt die ganze Zeit über bekleidet und es entstehen keine Schmerzen oder Narben. Währenddessen ist höchstens eine leichte Vibration zu spüren.
Ergebnis: Nach sechs Sitzungen à 30 Minuten (in einem Zeitraum von drei Wochen) ist das Ergebnis voll entfaltet. Zur Aufrechterhaltung genügt eine Sitzung alle sechs Monate.
Preis: Kompletttherapie 300 Euro.
O-Shot
Was es kann: Eigenblutbehandlungen werden schon erfolgreich auf der Kopfhaut oder im Gesicht durchgeführt. In der Vagina verspricht so ein Vampir-Lifting bessere Orgasmen, eine Wiedergewinnung der Lust, die Bekämpfung altersbedingter vaginaler Trockenheit und es hilft bei Inkontinenz.
Was passiert: Der Patientin wird Blut aus dem Arm entnommen und aufbereitet. Das gewonnene Blutplasma wird dann nahe der Klitoris injiziert, um dort das Zellwachstum anzuregen.
Wie es sich anfühlt: Dank Lokalanästhesie spürt man eigentlich gar nichts. Es ist keine Abheilphase oder Erholungszeit abzuwarten.
Ergebnis: Erste Effekte zeigen sich sofort, wie Luststeigerung oder verstärkte Orgasmusfähigkeit. Eine Verbesserung von Trockenheit und Inkontinenz ist nach einigen Tagen bis wenigen Wochen zu erwarten.
Preis: ab 1.000 Euro.
Verengung mit Eigenfett
Was es kann: Insbesondere nach mehreren Geburten kann das Gewebe überstrapaziert und der Vaginalgang dauerhaft geweitet sein. Ein vermindertes Lustempfinden ist die Folge. Durch die Verengung mit Eigenfett können die ursprünglichen Gegebenheiten wiederhergestellt und die Vagina verjüngt werden.
Was passiert: Körpereigenes Fett wird aus Bauch oder Oberschenkeln entnommen, aufbereitet und in den Vaginalbereich eingebracht. Dort wächst es an und verkleinert so den Durchmesser der Vagina.
Wie es sich anfühlt: Die zweiteilige OP erfolgt meist unter örtlicher Betäubung. Insbesondere die Fettentnahmestellen schmerzen anschließend wie bei einem Muskelkater.
Ergebnis: Es dauert ein paar Wochen, bis das Fett angewachsen ist und das Ergebnis beurteilt werden kann. Möglicherweise ist eine weitere Sitzung nötig.
Preis: ca. 2.500 Euro.
Dieser Artikel ist in mabelle 2/20 erschienen
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