Ethnische Medizin Willkommen ethnische Identität – Lebe wohl Gleichbehandlung

Expertengespräch mit Dr. med. Mehmet Atila über die Besonderheiten in der ethnischen Medizin und ihre Entwicklung in der plastischen Chirurgie

Während die Ästhetisch-Plastische Chirurgie früher vor allem bei Menschen mit kaukasischer Abstammung (Kaukasier) Anklang fand, hat die weite Verbreitung und erhöhte Akzeptanz von Schönheitsoperationen in der Gesellschaft auch die Neugier anderer ethnischer Gruppen geweckt. Mittlerweile sind alle ethnischen Gruppen in der plastischen Chirurgie vertreten. Den Angaben der „American Society for Aesthetic Plastic Surgery“ (ASAPS) zufolge, stammten rund 22% der behandelten Patienten im Jahre 2007 aus ethnischen Minderheiten. Die Zahl der operativen Eingriffe und minimal-invasiven Eingriffe erlebte zwischen 2000 und 2010 einen Anstieg um das fast 2,5-fache. Dr. med. Atila erläutert die Bedeutung der ethnisch-kulturellen Vielfalt und ihre Auswirkung auf die plastische Chirurgie.

WOHER DER DEUTLICHE ANSTIEG?

myBody: Dr. Atila, wie erklären Sie sich den merklichen Anstieg an Patienten verschiedener ethnischer Abstammung nebst der erhöhten Akzeptanz und breiten thematischen Zugänglichkeit über diverse Medien wie Radio und TV?

Dr. Atila: Dafür gibt es vielerlei Erklärungsansätze. Wenn Sie sich beispielweise die Zahlen der Amerikaner mit lateinamerikanischer, afrikanischer oder asiatischer Abstammung sowie die der nahöstlichen Gemeinde anschauen, werden Sie ein enormes Wachstum feststellen. Dieser Anstieg beschränkt sich nicht nur auf die Bevölkerungszahl, sondern auch auf das durchschnittlich verfügbare Einkommen, welches sich über die Jahre deutlich erhöht hat. Somit entwickeln sich ethnische Gruppen zu einem stetig wichtigeren, finanziellen Faktor für die plastische Chirurgie.

WIE REAGIERT DIE PLASTISCHE CHIRURGIE DARAUF?

myBody: Welche Auswirkung hat dies konkret auf die Plastische Chirurgie?

Dr. Atila: Als direkte Konsequenz der erhöhten Nachfrage ergibt sich ein starkes Bewusstsein für die ethnische Identität auf der einen Seite und gleichzeitig eine starke Verneinung der Gleichbehandlung auf der anderen Seite. Konkret bedeutet das: Die Plastische Chirurgie begegnet den besonderen Bedürfnissen der unterschiedlichen Gruppen und Typen mit an die Ethnien angepassten Techniken und Operationen. Die neuen Operationsverfahren untergraben das Vorurteil, dass die Schönheitschirurgie zu Lasten der eigenen ethnischen Identität geht.

BRINGT GLOBALISIERUNG ETHNISCHE VEREINHEITLICHUNG?

myBody: Das heißt ethnische Merkmale, welche uns optisch voneinander unterscheiden, bleiben erhalten? Oder sehen Sie doch eine Gefahr, dass die Globalisierung und die Maßnahmen der plastischen Chirurgie früher oder später zu einer Vereinheitlichung des Schönheitsideals führen?

Dr. Atila: Eine alles umfassende Aussage dazu ist praktisch unmöglich. Fakt ist aber, die Mehrzahl der Patienten möchte - Stand heute - ihre ethnische Identität bewahren. Die plastische Chirurgie dient demzufolge in erster Linie der Anpassung und Korrektur des Äußeren in Anbetracht der ethnischen Identität und fungiert nicht zum Zweck der Vereinheitlichung.

VERSCHWIMMEN DIE ETHNISCHEN GRENZEN?

myBody: Wahrscheinlich werden sich dennoch die ethnischen Grenzen verschieben bzw. die Gesellschaft stetig homogener werden im Sinne eines großen Schmelztiegels. Oder wie sehen Sie das, Dr. Atila?

Dr. Atila: Das wäre eine weitreichende Aussage. Wir können aber natürlich feststellen, dass das globale Schönheitsbild stetig standardisierter wird. Die plastische Chirurgie gewinnt damit immer mehr an Bedeutung zur Umsetzung dieses Schönheitsideals. Eine Vielzahl der Patienten möchte heute so aussehen wie ihre Vorbilder, die anderen ethnischen Gruppen angehören. Ein Beispiel dafür sind Patienten mit ethnischer Herkunft aus dem Nahen Osten, welche so aussehen möchten wie ihre türkischen Lieblingsschauspieler. Auch versuchen immer mehr Frauen mit Hilfe des Brazilian Butt Lift optische Ergebnisse zu erzielen, die in aller Regel typisch für Frauen südamerikanischer Ethnizität sind.

GIBT ES SPITZENREITER UNTER DEN OP'S?

myBody: Lassen sich verschiedene beliebte Behandlungen unter den ethnischen Gruppen ausmachen oder kristallisiert sich vielmehr eine spezielle Operation wie die Nasenkorrektur als Favorit heraus?

Dr. Atila: Nasenkorrekturen zählen zu den Spitzenreitern unter den Behandlungen. Daneben werden aber auch Eingriffe wie Brustvergrößerungen, Fettabsaugungen oder minimal-invasive Behandlungen wie Botoxinjektionen sehr häufig durchgeführt. Bei Patienten asiatischer Herkunft sind auch Lidkorrekturen sehr beliebt.

ZU RISIKEN UND NEBENWIRKUNGEN…

myBody: Herr Dr. Atila, wie steht es mit den Komplikationen? Sind wichtige Unterschiede zu erkennen und zu beachten?

Dr. Atila: Durchaus. Bei Patienten mit ethnischem Hintergrund besteht aufgrund von Melanin – einem Pigment in der Haut – ein erhöhtes Risiko für Vernarbungen. Um dieses Risiko möglichst gering zu halten stehen weniger invasive Behandlungsverfahren zur Verfügung. Auch können Schnitte an strategisch vorteilhaften Stellen, an denen sie kaum sichtbar sind, gesetzt werden. Postoperative Narben lassen sich durch Cremes und Drucktherapie minimieren oder operativ entfernen. Darüber hinaus können bei bestimmten Verjüngungsbehandlungen fleckige Pigmentunregel-mäßigkeiten auftreten. Um diesen Effekt von vornherein zu vermeiden, sollte vor der Behandlung ein Hauttest durchgeführt werden.

DER RICHTIGE ARZT

myBody: Dann lassen Sie uns zuletzt noch über das Thema Arztwahl sprechen – worauf sollten Patienten mit ethnischem Background explizit achten? Welcher Spezialist ist der richtige?

Dr. Atila: Bei der Wahl des plastischen Chirurgen sollten Patienten insbesondere darauf achten, dass dieser umfassende Erfahrung mit operativen Eingriffen und minimal-invasiven Behandlungen ethnischer Hauttypen hat. Gerade in Bezug auf ethnisch heikle Bereiche wie die Augen- oder Nasenpartie sollte der behandelnde Arzt einschlägige Praxis und Expertise vorweisen können, da die Anwendung europäischer Standards auf Patienten ethnischer Herkunft zu unharmonischen Ergebnissen führen kann.

myBody: Herr Dr. Atila, vielen Dank für dieses aufschlussreiche Gespräch.

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